Herr Habermas, bitte retten sie nicht auch noch, es sind schon genug…

Herr Habermas hat wiedermal die Bühne betreten und wortgewaltig vor sich hin schwadronierend, das Gute verteidigt und das Böse gebrandmarkt, um „die Würde der Demokratie zu retten.“

Den Versuch, die Schuld bei den Geldverleihern und nicht bei denen die das Geld leihen zu suchen, hat es in der Geschichte schon öfters gegeben Herr Habermas, und auch politisches Missmanagement muss immer noch – zumindest in Europa – vom Bürger durch regelmäßige Akklamation bestätigt werden.
Wenn „die Bürger“ sich durch Desinteresse und voyeuristischem Vergnügen an bäuerlichen Balzritualen selbst entmündigen, kann man hierfür wohl kaum ein anderes System als das eigene Psychische verantwortlich machen. Oder anders ausgedrückt, frei nach Herrn Luhmann, „Herr Habermas, sie sind malwieder unterkomplex!“

Vielleicht sollten wir lieber darüber nachdenken die Würde der Gesellschaftswissenschaften zu retten, bevor „wir“ uns dem politischen oder wirtschaftlichen System zuwenden.
Herr Habermas kann dann ganz Gutmensch und frei von jedem wirtschaftlichem Interesse seine Suhrkamp-Essays in der Bild-Zeitung bewerben.

#occupyanything oder „etwas muss sich aendern“

Die sogenannte „#occupy“-Bewegung protestiert weltweit gegen gesellschaftlich „nicht länger tragbare Zustände“: zu Beginn als spanische Protestbewegung gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit im Land, über New Yorks investmentkritische „#occupywallstreet“-Bewegung bis hin zu der weltweiten diffusen #occupyanything-Kapitalismuskritik vom letzten Wochenende mit gewaltsamen Ausschreitungen in Rom.

Auf der einen Seite protestiert man gegen die gefühlt undemokratische Dominanz eines von außen „nicht mehr“ steuerbaren Teilsystems der Gesellschaft, dem „man“ scheinbar hilflos (#blinder Fleck?) gegenübersteht.
Auf der anderen Seite – als Symbol und Manifestation dieser „Hilflosigkeit“ – „die Politiker“, die diese Bewegung sogleich – instinktsicher wie ein Lemming – mit dem ihnen eigenen programmlosen mediensicheren Aktionismus dankbar umarmen.

In einem scheinen sich alle einig: etwas muss sich ändern. Bei dem, was dieses „etwas“ sein soll, scheiden sich die Geister bereits wieder und die Forderungen reichen von ‚der Kapitalismus oder die Banken müssen weg‘ über ‚ich will ordentlich bezahlt werden‘ bis hin zu ‚ich will einen Job‘.
Einig ist man sich auch dabei, wer den Karren aus dem Dreck ziehen soll, nämlich die Politiker – die können ja bekanntlich mit Geld am besten umgehen. Und man selber kann wieder in Ruhe beim nächsten Schweizurlaub den Pilatus besteigen.

Klar dürfte sein, wer am Ende die Zeche zahlt: nämlich alle. Klar ist auch, wer am Ende die Gewinne einfährt: „die Märkte“. Und das Spiel geht wieder von vorne los.
Das System lässt sich nicht überlisten. Es passt sich an oder geht zugrunde. Aber kein System ist so anpassungsfähig wie der Geld und Kapitalmarkt, dafür sorgt schon der Mensch.

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