Nach den Parlamentswahlen in Frankreich am 30. Juni 2024 stehen die verschiedenen politischen Parteien vor der Herausforderung, ihre unterschiedlichen Visionen und Strategien für die Steuerpolitik umzusetzen. Hier sind die wichtigsten steuerpolitischen Positionen der großen Parteien und Koalitionen:
1. Rassemblement National (RN)
Die rechtsextreme Rassemblement National (RN) unter Jordan Bardella verfolgt eine Steuerpolitik, die auf die Stärkung der nationalen Wirtschaft und die Entlastung der Bürger abzielt:
- Senkung der Einkommenssteuer: Reduzierung der Steuerbelastung für mittlere und niedrige Einkommen, um die Kaufkraft der Bürger zu erhöhen.
- Abschaffung der Erbschaftssteuer: Förderung des Vermögenserhalts innerhalb der Familien durch Abschaffung oder drastische Reduzierung der Erbschaftssteuer.
- Senkung der Unternehmenssteuer: Anreize für Unternehmen, durch niedrigere Steuern zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.
- Steuererleichterungen für Familien: Einführung von Steuervergünstigungen für Familien, insbesondere für Kinderbetreuung und Bildungskosten.
2. Far-left bis Mitte-Links Koalition (NFP)
Die linke Koalition, bestehend aus extremen Linken, Sozialisten, Kommunisten und Grünen, setzt auf eine progressive Steuerpolitik zur Finanzierung sozialer Programme:
- Erhöhung der Steuern für Reiche: Einführung höherer Steuersätze für hohe Einkommen und Vermögen zur Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und sozialer Programme.
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer: Besteuerung von Finanztransaktionen zur Reduzierung spekulativer Aktivitäten und zur Generierung zusätzlicher Einnahmen.
- Erhöhung der Unternehmenssteuer: Höhere Besteuerung großer Unternehmen, insbesondere in profitablen Sektoren, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen.
- Grüne Steuern: Einführung von Umweltsteuern auf fossile Brennstoffe und umweltschädliche Aktivitäten zur Förderung nachhaltiger Praktiken.
3. Macrons Koalition (Ensemble)
Die zentristische Koalition von Präsident Emmanuel Macron verfolgt eine ausgewogene Steuerpolitik mit einem Fokus auf wirtschaftliche Anreize und Nachhaltigkeit:
- Beibehaltung oder leichte Reduzierung der Unternehmenssteuer: Unterstützung von Unternehmen durch moderate Steuererleichterungen zur Förderung von Investitionen und Innovation.
- Förderung von grünen Investitionen: Steueranreize für Unternehmen und Privatpersonen, die in erneuerbare Energien und umweltfreundliche Technologien investieren.
- Moderate Steuererhöhungen für hohe Einkommen: Begrenzte Erhöhungen der Steuern für Spitzenverdiener zur Finanzierung öffentlicher Investitionen in Bildung und Gesundheit.
- Abschaffung bestimmter Steuervergünstigungen: Reduzierung oder Abschaffung von Steuervergünstigungen, die als ineffizient oder ungerecht angesehen werden.
4. Konservative (Les Républicains, LR)
Die konservative Partei Les Républicains (LR) setzt auf eine wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik zur Förderung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit:
- Steuersenkungen für Unternehmen: Deutliche Reduzierung der Unternehmenssteuer, um Investitionen anzukurbeln und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
- Einkommenssteuersenkungen: Senkung der Einkommenssteuer für alle Einkommensgruppen, mit einem besonderen Fokus auf mittlere und höhere Einkommen.
- Abschaffung von Vermögenssteuern: Abschaffung der Vermögenssteuer, um Kapitalflucht zu verhindern und Investitionen im Inland zu fördern.
- Förderung privater Vorsorge: Steuerliche Anreize für private Altersvorsorge und Gesundheitsausgaben.
Fazit
Im Kontext globaler Herausforderungen und der Politik in der EU ergeben sich folgende Aspekte:
- Globale Wettbewerbsfähigkeit und Steuerharmonisierung: Während die RN auf nationale Interessen und Steuersenkungen setzt, könnten internationale Investoren und Unternehmen abgeschreckt werden, was die globale Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs beeinträchtigen könnte. Im Gegensatz dazu strebt Macrons Koalition eine Steuerpolitik an, die sowohl nationale Interessen als auch internationale Wettbewerbsfähigkeit durch ausgewogene Steueranreize fördert. Die linken Parteien befürworten höhere Steuern für Wohlhabende und Unternehmen, was zu einer Umverteilung führen könnte, aber auch die Attraktivität Frankreichs für internationale Investitionen mindern könnte.
- EU-Steuerpolitik und Zusammenarbeit: Die linken Parteien (NFP) und Macrons Koalition (Ensemble) unterstützen die Steuerharmonisierung innerhalb der EU und setzen sich für gemeinsame europäische Initiativen wie die Finanztransaktionssteuer ein. Diese Politik zielt darauf ab, Steuerflucht und unfaire Steuerpraktiken zu bekämpfen, könnte aber auch auf Widerstand von Mitgliedstaaten stoßen, die ihre Steuerautonomie wahren wollen. Die RN und LR hingegen könnten sich gegen eine weitere Steuerharmonisierung innerhalb der EU stellen, um nationale Steuervorteile zu bewahren.
- Nachhaltige Entwicklung und grüne Steuern: Die linken Parteien fördern grüne Steuern und Investitionen in erneuerbare Energien, was mit den globalen Zielen des Pariser Klimaabkommens im Einklang steht. Diese Maßnahmen unterstützen die EU-Ziele zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Förderung nachhaltiger Praktiken. Die konservativen Parteien und die RN setzen hingegen mehr auf wirtschaftliches Wachstum durch Steuersenkungen und könnten damit weniger Wert auf umweltbezogene Steueranreize legen.
- Soziale Gerechtigkeit und Umverteilung: Die Steuerpolitik der linken Parteien zielt auf eine stärkere Umverteilung ab, um soziale Ungleichheiten zu verringern. Dies könnte Frankreichs Position als Vorreiter für soziale Gerechtigkeit innerhalb der EU stärken. Die zentristische Koalition unter Macron versucht, eine Balance zwischen sozialen und wirtschaftlichen Zielen zu finden, während die Konservativen und die RN eine wachstumsorientierte Steuerpolitik bevorzugen, die möglicherweise weniger Fokus auf Umverteilung legt.
Lesen Sie mehr zur Wahl in Frankreich im nächsten Beitrag der Serie: DIE UMWELTPOLITIK DER PARTEIEN NACH DEN WAHLEN IN FRANKREICH (FR-ELEC 4V5)
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